Vor einiger Zeit habe ich einen ehemaligen Studenten der Graduate School of International Studies der Yonsei University, und
Thomas, z.Zt. Student an der Korea University, zum Studium in Korea befragt. Hier einige Auszüge aus der Korrespondenz:
Undergraduate oder Graduate Bereich?
Ehem. Yonsei-Student: Ich habe an der GSIS (Graduate School of International Studies) studiert. Wie weit Du in Deutschland mit dem Studium bist bestimmt im wesentlichen die Wahl der School: Bist Du noch vor dem Vordiplom, dann reicht vielleicht die Undergraduate School. Bist Du bereits im Hauptstudium, würde ich auf jeden Fall Graduate wählen, in den Undergraduate Kursen stirbst Du vor Langeweile. GSIS hatte sehr interessante Kurse, insbesondere nicht nur im Economics und Business Bereich, aber auch im Bereich Politik, Kunst, Geschichte, etc. - die Sprachschule der Yonsei soll übrigens sehr gut sein.
Thomas: An der KU stehen mir alle Türen offen: Ich kann sowohl aus Graduate- als auch aus UG
Kursen auswählen (sogar ohne Fächerbindung). Einziges Limit: Ich darf zur Zeit nur
englischsprachige Kurse besuchen, weil ich im Einstufungstest nicht über
Intermedeate II hinauskam :-/ Man kann aber trotzdem koreanischsprachige Kurse
besuchen - einfach mit dem Prof absprechen - ist aber nicht zu den Prüfungen
zugelassen. Der Anteil an englischen Kursen beträgt hier etwa 25%. Das variiert
aber auch stark von Fakultät zu Fakultät. Die Business School bietet die meisten
Kurse auch in Englisch an. Im medizinischen Bereich findet man dagegen vielleicht
drei / vier Kurse für Fortgeschrittene.
Wie schwer bzw. zeitintensiv ist das Studium, auch im Vergleich zu Deutschland?
Ehem. Yonsei-Student: Insgesamt durchschnittlicher Arbeitsaufwand. Drei bis vier Kurse sind gut machbar, allerdings hängt das auch stark von den Kursen selbst ab, einige der Dozenten sind eher arbeitswütig. Wenn Du noch viel Kultur kennenlernen willst, dann solltest Du vielleicht eher zwei bis drei Kurse machen, um genug Zeit für Ausflüge zu haben.
Thomas: Das kann man so gestalten, wie man will. Es gibt eine Add/Drop- Period, während der
man beliebig Kurse hinzufügen und abwählen kann. Ich habe mir folgende Kurse
ausgesucht: Biophysics (Science Department), Neurobiology (Life Science Department),
Advertising Mgmt. und Strategic Management (Business School). Dazu dann noch zwei
koreanisch Kurse (Beginner I & Colloqial Korean I).
Alle Kurse sind etwa drei Stunden lang und meist in zwei Teile auf verschiedene Tage
verteilt. Es gibt pro Kurs 3 Credits, Limit an der KU sind 20 Credits für
Austauschstudenten. Ausnahme Koreanisch: Das ist vier Mal pro Woche, gibt aber auch
nur drei Credits.
Alle von mir besuchten Kurse sind in einigermaßen gut verständlichem Englisch,
wobei das z.T. sehr stark variieren kann. Sowohl positiv als auch negativ... Je
schlechter das Englisch, desto mehr wird Koreanisch gesprochen, was die Sache dann
auch komplex werden lässt, weil mir oft die kor. Fachterminologie fehlt.
Nun zur Frage ;-)
Wie schwer: Ich muss nahezu jede Stunde vorbereiten, vor allem Neuro und Strategic
Management. In Koreanisch tun das die anderen auch - ich sitze da eher leicht
gelangweilt drin. Solltest du also auch einen fordernden Koreanisch-Kurs besuchen,
dann rechne mal mit mindestens einer Stunde Vorbereitungszeit pro Kursstunde(!). Ich
muss teilweise zwei Stunden für Neuro und Strat Mgmt aufbringen. Machst du's dir
aber leicht und wählst nur irgendwelche billigen Marketing/... Kurse, dann kannst du
auch total unvorbereitet reingehen und schreibst gute Noten (90+ %-Punkte)
Hängt also von deiner Lust und Laune ab, wieviel du tun möchtest. Insgesamt ist das
Level in meinen Kursen deutlich höher als in Deutschland, weil man eben vorbereitet
reingehen muss und auch aktiv mitarbeiten sollte. Das grobe Bewertungsschema ist
häufig wie folgt: 10% Anwesendheit (1mal fehlen -> 90% von den 10%; zweimal fehlen
-> 60% von den 10%; dreimal fehlen -> durchgefallen durch den ganzen Kurs!), 20%
aktive Teilnahme am Unterricht (Melden & sinnvolle Antwort), 0-20% unangesagte Tests,
0-10% Research Papers / Hausaufgaben u.ä, 20-40% Midterm-Exam, 20-40% Final Exam.
Organisatorisches? Vorlesungen oder eher Seminare? Anzahl der Studenten?
Ehem. Yonsei-Student: Die Vorlesungen werden so ca. von 10-20 Leuten besucht, manchmal etwas mehr, aber gar kein Vergleich mit Deutschen Zuständen.
Vielleicht noch ein Tip: die GSIS ist - für meinen Geschmack - ein wenig stark auf Ausländer ausgerichtet, Du kommst quasi in ein Ausländerghetto. Versuche, ein Zimmer bei einer Ajuma außerhalb des Campus (bevorzugt Westseite) zu bekommen - das ist vielleicht ein bisschen teurer, aber sicherlich kulturell und insbesondere kulinarisch interessanter.
Thomas: Äh, ich würde das eher Schulunterricht nennen... Notfalls Seminar. Es hat einfach
viel mehr von Schule, als von deutscher Uni (nicht FH). Anzahl der Studis: In meinen
Kursen nie mehr als 50. Im Schnitt um die 30, manchmal auch nur 15.
Organisatorisches gäbe es eigentlich irgendwie ne Menge zu sagen, aber mir fällt
spontan ziemlich wenig ein. Hängt auch wiederum von deiner Heimatuni ab. Kurse im
Vorhinein auszuwählen, wie oft von dt. Unis gewünscht, ist nicht sinnvoll und ich
würde alles dafür tun, dass du dich nicht schon in Deutschland darauf festlegen
musst. Vor allem, wenn man weiß, wie oft dann die Kurse geändert werden (speziell
in Korea). Das Hauptproblem ist aber, dass du eventuell in einen Kurs hineinkommst,
der überhaupt nicht deinen Erwartungen entspricht und dann wird's zur Qual. Ich habe
mir während der Add/Drop Period so viele Kurse wie möglich angesehen und mir die
besten herausgepickt. Das würde ich jedem empfehlen.